
Tove Ditlevsen – Vilhelms Zimmer
Tove Ditlevsens Roman über Ihre vierte Ehe, der ihr Vermächtnis werden sollte, nachdem sie sich ein Jahr später das Leben nahm, ist von gnadenloser Präzision und schwindelerregender Erzählkunst.
Im echten Leben verheiratet mit dem Zeitungsredakteur Victor Andreasen, der sie zunächst aus ihrer Tablettenabhängigkeit befreite, und später keine Möglichkeit fand, mit ihrer Begabung, ihrer Berühmtheit und ihren Psychosen umzugehen, erfindet sie in diesem Roman ihr Alter Ego Lise Mundus, die mit ihrem Mann Vilhelm und ihrem gemeinsamen Sohn Tom in einer großen, nur halb bewohnten Wohnung in Kopenhagen lebt. Die dämonische Nachbarin Frau Thomsen, der körperlose junge Mann Kurt, die unintellektuelle, aber starke Nebenbuhlerin Mille und die zersetzenden Psychotherapeuten der Eheleute bilden ein Geflecht von Anziehung, Verachtung und Gewalt, das die Leserin in Bann schlägt.
Fast unmerklich wechselt Ditlevsen die Erzählperspektive zwischen ihr als außenstehende Berichterstatterin und ihrer Protagonistin Lise. Sie hat damit die Möglichkeit, Lise einerseits als unter der Eifersucht und Untreue ihres Mannes leidenden Ehefrau zu schildern, und andererseits, aus der Ich-Perspektive einer wankelmütigen, ihrem Talent und ihrer Leidenschaft ausgelieferten Frau zu erzählen. Wenn man genau liest, ist die Erzählerin nicht nur dem Tod geweiht, sie ist eigentlich schon gestorben und nur noch im Rückblick auf ihre Ehegeschichte vorhanden. Ihre einzige Aufgabe als „Nachlassende“ besteht darin, der Leserschaft von der Schönheit und der Unmöglichkeit ihrer (oder Lises und Vilhelms)‚ Liebe zu erzählen, und damit über ihren Tod hinaus zu bestehen.
Durchgeschüttelt davon ist
Katharina