Robert Menasse – Die Erweiterung

Man nehme die Lust, eine lange, verzwickte und personalreiche Geschichte zu erfinden, das Vermögen, durch und durch menschliche Figuren zu schaffen, die ihren Gefühlen und ihren Prinzipien ausgeliefert sind, einen leichten Hang zum Bizarren (nicht weit von Barry Levinsons legendären Film Wag the Dog) und dazu die profunde Kenntnis der europäischen Erweiterungspolitik, die der Geschichte seinen Namen gibt. Heraus kommt der neue Roman von Robert Menasse, der mit seinen 650 Seiten durchaus Konzentration und Durchhaltevermögen erfordert, einen aber auch mitnimmt in eine unfassbar unterhaltsame politische FARCE, wie sie nur auf Europaebene stattfinden könnte.
Dabei spielt Tirana eine große Rolle, ein albanischer Freiheitskämpfer, zwei Blutsbrüder, die sich als junge Männer den republikanischen Idealen verschrieben haben und nun politisch nicht weiter von einander entfernt sein könnten, ein Dichter, der seine Fantasie und seine Erzählkunst in den Dienst des parteiinternen Machtapparats stellt und eine Juristin, die sich dem europäischen Völkerrecht verschrieben hat – um nur einige Hauptpersonen zu nennen. Und es gibt einen Showdown, den man keinesfalls verpassen darf, böse, bizarr und geradezu blasphemisch.
Die Erweiterung ist Reisebericht, Abenteuerroman, Liebesgeschichte, Politikthriller – und eine seltsam bedrückende Erinnerung daran, dass man von vielen Ländern Europas nicht ansatzweise eine Ahnung hat.