
Ocean Vuong – Der Kaiser der Freude
Dies ist die Geschichte des 20-jährigen Hai aus der verwahrlosten Kleinstadt East Gladness, der keinen Ausweg sieht, seiner Tablettenabhängigkeit zu entkommen, und sich deshalb das Leben nehmen will. Grazina, eine 80-jährige Einwanderin aus Litauen, bewahrt ihn vor dem Tod, worauf Hai bei ihr einzieht und beide fortan für einander sorgen. Um etwas Geld beizusteuern, nimmt Hai in einem örtlichen Fastfoodrestaurant einen Aushilfsjob in der Küche an, und schon bald ist er Teil einer Gruppe unterschiedlichster Menschen, die zusammen stark sind und im Ringen um Respekt und tägliches Überleben einander beistehen.
Ocean Vuong ist ein Meister der Wechsels zwischen den Welten. Befindet sich die Leserin mit den Angestellten des HomeMarkets gerade bei der gemeinsamen Feierabendzigarette, bei der aus Müdigkeit keiner redet, höchstens einige freundschaftlich-derbe Worte gewechselt werden, verliert sich der junge Hai in großen Gefühlen: Bedauern, Wut, Sehnsucht und Hoffnung, aber auch in poetischen, nicht minder präzisen Schilderungen eines Parkplatzes in der Abendsonne. Und während man noch sinnend den jugendlichen Gedanken an verpasstes Glück oder unwiederbringliche Zeiten nachhängt, holt einen ein verdammt rüder Satz in die Realität zurück.
Der lang erwartete zweite Roman von Ocean Vuong ist eine dichte und niederschmetternd wahre Geschichte über eine denkbar kleine und ärmliche Welt im heutigen Nordamerika, und gleichzeitig eine Erzählung über die sich unvermutet auftuende, grenzenlose und mächtige Möglichkeit von Freundschaft und Zusammenhalt.
Daran denkt noch oft
Katharina