Khuê Pham – Wo auch immer ihr seid

Was wissen Sie über den Vietnamkrieg?
Und was wissen Sie wirklich über den Vietnamkrieg?

Mit ihrem Debutroman „Wo auch immer ihr seid“ gibt Khuê Phạm (bekannt durch ihre feinfühligen Zeit-Reportagen) einen Einblick in die unterschiedlichen Perspektiven, die dieser Krieg mit sich brachte. Da ist Minh, der in den späten 60ern nach Deutschland kam und hier seine Frau kennenlernte. Privilegiert in Saigon aufgewachsen, soll er in im Ausland Medizin studieren, um damit in Zukunft seine Familie zu unterstützen – so landet er ausgerechnet in Berlin, gerät in die 68-er Studentenbewegung und wird dort eher zufällig wahr- und ernstgenommen. Doch die Studentenbewegung verschiebt auch seinen Blick auf sein Heimatland. Währenddessen sitzt sein Bruder Sơn in Saigon fest, der Krieg ist verloren und die US-Amerikanischen Truppen ziehen ab. Auch wenn sich der Vietnamkrieg nicht mit der aktuellen Situation in Afghanistan vergleichen lässt, so ist das Politische in diesem Roman so dermaßen aktuell, dass es einem bisweilen kalt den Rücken hinunter läuft.

Erzählt wird diese Familiengeschichte von Kiều, die sich Kim nennt, weil sie ihren richtigen Namen nicht aussprechen kann und es  sowieso für ihr Umfeld einfacher ist. Sie fühlt sich kaum mit ihren Wurzeln verbunden und wünschte sich immer eine Familie, „die nicht erst deutsch werden musste, sondern schon war“. Als sich dann alle in den USA zur Testamentsverkündung der soeben verstorbenen Großmutter Kiều wiedersehen, kommt so einiges ans Licht, was in den letzten Jahrzehnten totgeschwiegen wurde. Die gemeinsame Reise zur Testamentsverkündung der verstorbenen Großmutter, an die lediglich ein altes Foto erinnert, wird – klar – eine Reise zu sich selbst. Langsam lernt Kiều, sich zu ihren Wurzeln und zu der ihr bislang fremden Identität zu bekennen.

Es ist erstaunlich, dass „Wo auch immer ihr seid“ ein Debut ist: Beeindruckend klar und souverän erzählt Pham die aufwühlende Geschichte einer vietnamesischen Familie, die noch lange nachhallt. Gleichzeitig erweitert sie mit dem Roman den historischen Horizont und setzt gegensätzliche Ideologien ganz wertfrei in einen Kontext. In heutigen Zeiten gar nicht selbstverständlich und deswegen umso lesenswerter.

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