Katja Petrowskaja – Das Foto schaute mich an

Sobald man einige von Katja Petrowskajas Foto-Kolumnen gelesen hat, merkt man es: Die Fotos werden lebendig, sie schauen einen an.
Ein Foto, schwarz gedruckt auf einer Buchseite, drei Seiten Text dazu. Manchmal ändert sich die Reihenfolge, so dass man zuerst den Text liest, und sich dabei das dazugehörige Foto vorstellt, bevor man umblättert. Kleine Kapitel, die für die vergangenen Tage zu meiner Zeiteinheit wurden. Wieviele schaffe ich noch? Lese ich schnell noch eins? Oh, plötzlich hatte ich wieder zehn Stück aufgesaugt. Denn diese seltsamen, manchmal erst auf den zweiten Blick mein Interesse weckenden Bilder und Petrowskajas Gedanken dazu machen geradezu süchtig!
Den Blick zu schärfen für alles tatsächlich Sichtbare  – was genau ist zu sehen? – und zugleich den Sinn zu öffnen für alles atmosphärisch Abgebildete, eröffnet einem das Tor zu einer Art Zweitwelt, der man sich, ob der Bilderflut, der man täglich ausgesetzt ist, kaum erwehren kann.
Petrowskaja beschreibt das Foto, erzählt, wie es ihre Aufmerksamkeit erregt oder den Weg zu ihr gefunden hat, von wem und unter welchen Umständen es aufgenommen wurde. Außerdem schreibt sie, was es in ihr auslöst: Erinnerungen, Assoziationen, Gefühle: schwebend, stolpernd, machmal heiter, manchmal philosophisch, immer nachvollziehbar und in ihrer so eigenen Art, deutsche Wörter zu verwenden.
Die Foto-Kolumnen aus der FAZ, jetzt gesammelt in einem ausnehmend eleganten Band der Bibliothek Suhrkamp: Ein Buch, das diesen Sommer unbedingt greifbar in Ihrer Nähe liegen sollte, damit Sie sich jederzeit einen Abstecher leisten können in fremde Welten, oder vielmehr: Um sich deren Blicken auszusetzen, sie zu erwidern und sich von ihnen verführen zu lassen.
Katharina